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Was darf (noch) Landwirtschaft ?

"Anwohner ruft Polizei wegen unzähligen Gülletransporten am Wochenende/ Rentner blockiert mit Bagger Straße wegen Agrarmaschinen" - die Wut über die Machtlosigkeit gegenüber der Agrarindustrie vor Ort nimmt zu.

Die konventionelle Landwirtschaft steht täglich mit dem nächsten Unding in der Presse. Neulich reichte es einem 72 jährigen Rentner in Puchow/ Penzlin MV. Er hievte kurzerhand zwei Betonblöcke mit seinem Bagger auf die Straße, welche wohl (wer kennt es nicht ?) unter Dauerverkehr der Agrarindustrie in Beschlag genommen worden war. Liest man den Artikel treudoof, muss es sich um einen Irren handeln. Weiß man aber um die physische und psychische Gewalt, welche von Erntemaschinen, Ackerpanzern und Güllebombern ausgeht, die Tag & Nacht, oft mit Tempo 60km im Dorf um die Ecke jagen und das im fünf Minuten Takt, dann sieht das alles schon anders aus. Dann ist man vielleicht einfach gerade froh, nicht betroffen zu sein und pflichtet dem Mann wohlwollend zu. Dass er sogar die herbeigeeilte Polizei tätlich angriff, zeigt wohl mehr seine Verzweiflung über den Terror der konventionellen Landwirtschaft.

Rund um Alt Tellin, MV werden derzeit Zuckerrüben "geerntet". Besser muss man sagen, dass der Vorgang, der nun bereits seit einer Woche ebenfalls Tag & Nacht (mit Flutlicht) stattfindet eher an eine Star Wars Episode erinnert. Gigantische "Ackerzerstörer", die nur mit warnlichtigen Begleitfahrzeugen den öffentl. Straßenverkehr behindern dürfen und nicht selten den Gegenverkehr in die Knie zwingen, reissen rund um die Uhr im Schichtbetrieb die Knollen aus dem Boden, um alle zehn Minuten ein heranrasenden Traktor mit Anhänger die Beute zu übergeben. Bei dem Vorgang spuckt das eine Fahrzeug die Rüben, wie Kanonenkugeln, in den Anhänger des anderen Fahrzeugs. Dabei entsteht tatsächlich so ein Krach, als erlebe man eine Schlachtnachstellung von Waterloo. Tatsächlich heißt das ganze auch unter Fachleuten "Ernteschlacht". Und wie immer steht die Bevölkerung dem Krieg ratlos und mit 1.000 Fragen gegenüber:

  • Dürfen die das noch um die Uhrzeit ?
  • Muss das sein ?
  • Steht das alles noch in einem gesunden Verhältnis, wenn tausende Liter Diesel dabei vergast und in die Umwelt geblasen werden ?
  • Was wäre, wenn es dafür keine Subventionen gäbe ?
  • Ist den Fahrern klar, wie sehr sie nerven ?
  • Wie heißt eigentlich der Betrieb ?
  • Wer ist der Landbesitzer ?
  • Warum wird man nicht wenigstens vorher gewarnt ?
  • Warum muss ich jetzt Gesetzestexte studieren ?
  • Braucht die Welt soviel weißen Zucker ?
  • Warum bauen die Landwirte kein Gemüse für den Teller an ?
  • Warum bauen die Landwirte kein Obst an ?
  • Soll ich schon wieder die Polizei alamieren ?
  • Wie soll ich so zur Arbeit morgen, wenn ich die Nacht nicht schlafen kann ?
  • Soll ich mich krank melden ?
  • Könnte das alles nicht anders sein ? Besonders Nachts um zwei ?

Im Raum Demmin brachte nun ein Agrarbetrieb mal wieder in Endlosschleife Gülle aus. Auf Grünland ist das noch bis zum 31. Okt. erlaubt.

Auf Ackerflächen übrigens jetzt nicht mehr, da ist es seit dem 1. Okt. verboten!

Bezeichnend die Aussage des Landwirts, der mit den vielen Fahrten, sogar am Sonntag einen Anwohner so sehr nervte, bis dieser die Polizei rief:

"Ich achte sehr auf die Einhaltung der Gesetze, Naturschutz ist auch mir wichtig. Aber wir müssen den Herbst noch nutzen, um unsere Gülle zu entsorgen..."
Hat er das wirklich gesagt? "Entsorgen"? Da klingelt es ja sofort bei allen kundigen bezüglich der Ausscheidungen von Schweinen, Kühen und anderen Lebewesen, die "den wertvollen Rohstoff" (Bauernverband) bei Massentierhalting im Überfluss liefern. Denn die roten Landkarten in Deutschland mit angezeigter Nitratbelastung lassen sehr wohl mehr auf "Entsorgung" als auf maßvolle Verwendung des "flüssigen Goldes" schliessen.

 

Die Polizei sieht übrigens mal wieder keinen Anlass den Fall weiter zu untersuchen, auch das StaLU verweißt auf die Gesetze - auch das kennt man. Erlaubt ist, was eigentlich verrückt ist. So genehmigte auch das StaLU den Megastall von Alt Tellin für den zu entsorgenden Stoff, segnete ein unsägliches Brandschutzkonzept ab, auf dass die Tierfabrik dieses Jahr in Flammen aufging und fast 60.000 Schweine innerhalb weniger Stunden verbrannte.

Eine ganz erstaunliche Aussage der Polizei gibt es auch noch zu einem anderen Fall: Nachdem ein Milchviehbetrieb bei Burow, MV angezeigt worden war, weil er zur Zwischenlagerung im Hochsommer, mehrere gigantisch große Misthaufen direkt neben einem Wohngebiet für Wochen parkte, was zu einem unerträglichen Gestank für die Anwohner und einer Fliegeninvasion führte und der Betrieb dann mürrisch, vom StaLU aufgefordert die Haufen wegfuhr, teilte die Polizei mit, dass ja nun damit der Anzeigengrund entfallen sei.

 

Nach der Logik beachten Sie auch bitte in Zukunft die Anzeige nicht, falls es eine gab, wegen dem abgelaufenem TüV ihres Autos. Lassen Sie diesen einfach irgendwann durchführen und teilen Sie das irgendwem mit. Der Anzeigengrund ist dann entfallen.

*Ironie Off